"Ich möchte, dass dicke Frauen dick träumen - so wie ich es bei Curvect tun kann."

12.08.2020

Plus Size-Bloggerin Bobby erzählt von ihrem Herzensprojekt – dem Blog „Curvect“ – und was es mit dem Thema Plus Size, Body Positivity und ihrem Namenswechsel auf sich hat. Ein Beitrag von Anna Flaschberger

 

Wie stehst du zum Begriff „Plus Size“, der für viele problematisch ist?

Der Begriff drückt aus, dass es Größen gibt, die sich von der Norm abheben – das soll nicht so sein. Deswegen verstehe ich auch die Probleme mit dem Ausdruck. Das Ziel ist ja, dass wir ihn irgendwann nicht mehr brauchen. Es sollte kein Thema sein, dass da jetzt eine Kleidergröße hängt, die nicht einer festgelegten Norm entspricht. Das ist es eben – die Modeindustrie normiert uns und deshalb sind Frauen mit Kleidergröße 42 oder 44 auch schon Plus Size, was ich lachhaft finde. Aus meiner Perspektive – der Perspektive einer dicken Frau – ist das mit sehr viel Hohn verbunden.

Bis wir so weit sind, dass wir mehr Akzeptanz für dicke Körper haben, finde ich den Ausdruck aber wichtig. So können wir ein Stigma setzen und sagen: Wir sind da, wir sind ein Bestandteil dieser Gesellschaft, wir sind eine Zielgruppe – ihr arbeitet auch für uns, also macht Werbung für uns und sprecht uns an. Ich hoffe natürlich, dass der Begriff „Plus Size“ früher oder später überflüssig wird – ich glaube jedoch, das dauert noch ein bisschen.

bobby curvect
Seit 2015 schreibt Bobby auf Curvect
über verschiedenste Plus Size-Themen.
© Ursula Schmitz Fotografie 

 

Welche Probleme siehst du im Umgang mit dem Ausdruck „Body Positivity“?

Die Gesellschaft, besser gesagt, die Modeindustrie und die Wirtschaft finden Frauen in gewissen Größen zu dick. Jetzt ist es so, dass sich teilweise auch Frauen in Kleidergröße 38 schon dick fühlen, was überhaupt nicht in Ordnung ist. Genau dieses Bild wird jedoch in unsere Köpfe gesetzt. Ich finde es wichtig, dass sich jede/r mit seinem Körper auseinandersetzt und sich wohl fühlt und das soll Body Positivity eigentlich auch ausdrücken.

Der Begriff wird jedoch schon so häufig verwendet, dass der Fokus weniger auf den Menschen liegt, die ihn eher brauchen würden. Noch dazu wird der Ausdruck viel zu oft einfach falsch verwendet. Body Positivity heißt ja nicht, du musst deinen Körper immer und jeden Tag lieben, sondern: Du akzeptierst deinen Körper so wie er ist und du respektierst vor allem auch die Körpervielfalt aller Menschen. Bei Body Positivity gibt es keine Grenzen – die schaffen nur Medien, Politik und Wirtschaft. Sie definieren Menschen, die dick sind, auch gleichzeitig als krank. Deshalb dürfen sie uns nicht gut finden, weil dann unterstützen sie ja quasi Krankheiten. Das ist aber ein absoluter Trugschluss.

Hier könnt ihr mehr über das Thema auf Curvect nachlesen:https://curvect.com/bodypositivity-aber/

 

Wie hängt dein Namenswechsel mit deinem Blog zusammen?

Martina ist mein offizieller Name, aber ich werde wahrscheinlich Bobby irgendwann einmal eintragen lassen. Zum Namenswechsel kam es, als ich noch im PR-Bereich gearbeitet habe, wo meine modische und doch sehr expressive Seite nicht reingepasst hat. Das war einfach ein strengeres Arbeitsumfeld und ich wollte das nicht mit meinem Blog vermischen. Deswegen habe ich mir zum Bloggen meinen alten Spitznamen herausgekramt.

Ich bin sehr anglophil und Polizisten in Großbritannien werden ja auch „bobby“ genannt. Es gibt außerdem einen Schokoriegel, der so heißt. Das hat sich dann einfach so entwickelt. Mittlerweile bin ich für allen, bis auf bei ganz wenigen Leuten, „Bobby“. Ich bin nicht schizophren – Martina und ich sind natürlich ein und dieselbe Person, keine Frage. Als Bobby kann ich aber viel mehr das ausleben, was ich als Martina vielleicht nicht so gemacht habe. So konnte ich mir einen Lebenstraum erfüllen, selbstständig werden und ganz tolle Projekte mit meinem Blog und im Modebereich realisieren.

Hier schreibt Bobby noch mehr dazu: https://curvect.com/martina-oder-bobby-oder-beides-ein-entwicklungsbericht/

bobby curvect
Erst später hat sich ihr Spitzname
"Bobby" durchgesetzt.
© Ursula Schmitz Fotografie

 

Wenn du Curvect in nur drei Worten beschreiben müsstest, welche wären das?

Plus Size, Selbstvertrauen und Selbstbestimmung. Und Vielfalt, aber das ist dann schon das vierte Wort (lacht). Es geht bei meinem Blog um viele Themen: Mode, Reisen, Essen, Möbel. Eigentlich umfasst er alles, aber der Grundtenor ist immer der gleiche. Der Fokus bleibt auf Plus Size und dem Recht, alles machen zu können wie jede/r andere.

 

Was planst du für die Zukunft von Curvect?

Es wird ein Buchprojekt geben, wo ich im Moment leider noch nicht mehr dazu sagen kann. So viel kann ich aber verraten: Es dreht sich alles um ein Thema, mit dem ich mich schon sehr viel beschäftigt habe (lacht). Seit kurzem biete ich außerdem gemeinsam mit einer Fotografin Workshops an. Dabei geht es darum, Plus Size-Frauen zu zeigen, wie sie sich vor einer Kamera wohler fühlen und sich auf Social Media präsentieren können. Das ist nämlich ein großes Problem – ich kenne das auch von mir selbst. Außerdem plane ich auch Kurse zur Stärkung des Selbstvertrauens und zum Auftreten im Business-Bereich für dicke Frauen.

Zukünftig wollen wir die Workshops mit diverseren Gruppen machen. Der Fokus bleibt jedoch immer explizit auf Plus Sizes, dafür stehe ich und ich möchte einen Raum schaffen, wo sie sich austauschen können. In Zukunft will ich auch noch weitere Workshops im Bereich Kleidung anbieten – mit Dirndln ist beispielsweise auch ein Online-Kurs geplant.

bobby curvect
Dirndln für Plus Sizes werden
Thema eines Online-Kurses sein.
©Nani & Paul Fotografie/Paul Unmuth

 

Was gefällt dir am besten an deiner Arbeit als Bloggerin?

Ich durfte in den letzten Jahren so viele interessante Leute rund um den Globus kennenlernen – das ist eine unglaubliche Bereicherung und macht mir sehr viel Spaß. Außerdem durfte ich schon für DesignerInnen modeln und verschiedenste Fotoshootings umsetzen. Im Prinzip darf ich das machen, was ich möchte, dass andere dicke Frauen auch machen können: Ich darf Träume in dick umsetzen. Wenn ich nämlich früher von toller Mode geträumt habe, dann habe ich nicht an dicke Frauen gedacht, sondern an dünne Frauen von Magazinen. Ich bin nicht die einzige, bei der das so war. Ich möchte aber, dass dicke Frauen dick träumen – so wie ich es bei Curvect tun kann.

Mehr von Bobby findet ihr hier auf Curvect: https://curvect.com/

Auch auf Instagram ist sie sehr aktiv: https://www.instagram.com/_curvect_/

 

 

Von Anna Flaschberger, Redaktion FashionTouri

 

Header: © Ursula Schmitz Fotografie